| Anträge, Klima, Kreistag

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Klimawandel ist das Thema, das viele Menschen bewegt und die sich zu Recht Sorgen um ihre Zukunft machen, um die Zukunft unserer Erde. Unsere Erde befindet sich im Klimanotstand. Deshalb wurde vielerorts der Klimanotstand ausgerufen, mit dem Ziel, die hohe Priorität des Klimaschutzes deutlich zu machen und zu bekräftigen, dass Maßnahmen zur CO2-Reduzierung und zum Stopp der Klimaerhitzung schnellstmöglich umgesetzt werden müssen.

Deutschland hat sich verpflichtet die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Mit Blick auf das 2-Grad-Ziel hat die EU sich das Ziel gesetzt, bis 2050 den Treibhausgasausstoß gegenüber dem Jahr 1990 um 80–95 % zu reduzieren. In Deutschland soll ein Reduktionsziel von 90 bis 95 % erreicht werden. Mit den beschlossenen Zwischenzielen von 40 % für 2020, 55 % für 2030 und 70 % für 2040 zielt der Klimaschutzplan 2050 bislang auf eine Reduktion von 85 % im Jahr 2050.

Seit 2011 gibt es das Regionale Klimaschutzkonzept. Dieses gibt vor, dass der CO2-Ausstoß in der Region bis 2030 um 55% gegenüber dem Bezugsjahr 2009 reduziert werden soll. Zur Zielerreichung wurde als Umsetzungsstrategie das Dreisprung-Szenario eingeführt, das sich quantitative Ziele in den Bereichen Energieeinsparung, Energieeffizienz, Einsatz erneuerbarer Energien und Mobilität gesetzt hat. Ebenso wurden Leitprojekte priorisiert zur Umsetzung des Klimaschutzkonzepts.

Schon jetzt zeigt sich aber, dass trotz aller bereits ergriffenen Maßnahmen das dort angestrebte Ziel mit dem bisherigen Ausbau der Photovoltaik, der Solarthermie und der Windenergie wohl nicht erreicht werden kann.

Mit der Paris-Erklärung hat sich die Staatengemeinschaft auf einen Zielwert für die Klimaerwärmung von möglichst 1,5 Grad verständigt, der ein früheres Erreichen der Reduktionsziele erfordert.

Um die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, um zu verhindern, dass die Erderhitzung um mehr als 1,5 Grad ansteigt, braucht es noch viel ambitioniertere Ziele, als die des Klimaschutzkonzeptes. Fridays for Future und viele zahlreiche Wissenschaftler fordern: Alle Treibhausemissionen bis 2035 auf Null und bis 2035 eine Energiegewinnung zu 100% aus erneuerbaren Energien.

Diese Klimaschutzziele können jedoch nur mit konsequenten, ambitionierten Maßnahmen erreicht werden und auch nur, wenn viele Menschen, politische Gremien, Kommunen, Unternehmen u.v.m. sich an der Umsetzung von Maßnahmen zur Zielerreichung beteiligen.

Unsere Fraktion begrüßt daher das Engagement der Bevölkerung, der Fridays for Future-Bewegung von Schüler*innen, von Scientists for Future und den vielen Unternehmen, Vereinen und Institutionen, die sich dieses Themas annehmen und sich für eine lebenswerte Zukunft einsetzen. Sie fordern zu Recht von der Politik endlich konkrete Maßnahmen zum Schutz des Klimas und ihrer Zukunft zu ergreifen. Dieser Forderung müssen wir auch auf Landkreisebene aufnehmen, ernst nehmen und Antworten darauf geben, was wir hier vor Ort tun können um unseren wirksamen Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten. Bisher ist der Landkreis am regionalen Klimaschutzkonzept beteiligt, jedoch fehlt ein eigenes CO2-Minderungskonzept, das die Stärken des Landkreises berücksichtigt und aufgreift. Auch die Überprüfung der eigenen Beschlüsse und Maßnahmen auf ihre Klimarelevanz hin ist ein wichtiger Beitrag um bewusst zu machen, welche Auswirkungen unser Handeln auf das Klima hat.

Unsere Fraktion stellt deshalb folgenden Antrag:

1. Der Landkreis führt einen Klimacheck ein, mit dem er in Zukunft alle seine Entscheidungen auf ihre Klimarelevanz hin prüft und so ein Bewusstsein dafür schafft, welche Auswirkungen seine Beschlüsse auf das Klima haben, ob diese schädlich für die Erreichung der Klimaschutzziele sind und welche entsprechenden Alternativen es gäbe; (analog zum bereits praktizierten Vorgehen bezüglich der finanziellen Auswirkungen eines Beschlusses).

2. Die letzte CO2-Bilanzierung erfolgte 2011 mit Bezugsjahr 2009 und sollte ursprünglich alle 5 Jahre fortgeschrieben werden. Diese Bilanzierung muss nun dringend erfolgen um eine Grundlage für zukünftige Maßnahmenentscheidungen zu haben. Das Dreisprung-Szenario wird auf seine Wirksamkeit und Zielerreichung überprüft. Die Ergebnisse werden dem zuständigen Ausschuss vorgestellt und erläutert.

3. Das Dreisprung-Szenario wird mit dem Ziel fortgeschrieben, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen.

4. Der Landkreis erarbeitet eigenständige Zielvorgaben zu Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens. Dabei sollen die nötigen Maßnahmen benannt werden, die auf Landkreisebene ergriffen werden müssen um das Ziel zu erreichen.

5. Auch die Landkreisverwaltung ist gefordert alle Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer wirksamen CO2-Reduzierung beitragen können. Deshalb wird ein Energiemanagementsystem für alle landkreiseigenen Liegenschaften eingerichtet mit dem Ziel, den Strom-, Wärme- und Wasserbedarf des Landratsamts und seiner Liegenschaften zu erfassen, mit anderen Objekten vergleichen und in der Folge durch geeignete Maßnahmen kontinuierlich senken zu können.

6. Dem Kreistag und der Öffentlichkeit wird einmal im Jahr über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Erreichung der konkreten, überprüfbaren Zielsetzungen sowie der effektiven Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen berichtet.

7. Das Personal der Klimaschutzabteilung ist entsprechend der dringend nötigen Mehraufgaben entsprechend um mindestens eine Vollzeitstelle zu erhöhen.

Begründung:

Die Klimaerwärmung hat nicht nur globale Folgen, sondern auch ganz konkret fatale Folgen für unsere Region, für unseren Landkreis: Trockenheit einerseits, Starkregenereignisse mit Überschwemmungen andererseits. Auch Folgen weltweiter Krisensituationen, die durch Klimaveränderungen entstehen, Hochwasserkatastrophen, Dürren, Hungersnöte, die auch Ursache für Flucht und Migration sind, haben direkte Auswirkungen auf unseren Landkreis. Die Klimaschutz-Ziele von Paris müssen u.a. deshalb unbedingt erreicht werden. Dies ist nur noch zu schaffen, wenn wirklich alles Notwendige und Sinnvolle auf allen Ebenen getan wird, um die Klimaerwärmung einzudämmen.

Wir würdigen ausdrücklich die bereits angestoßenen und durchgeführten Aktivitäten zum Klimaschutz:

  • Energieeffizienz und Energiesparen:
    • Pädagogisches Energie-Einspar-Projekt (PEP), um in den Landkreis-Schulen Wasser, Wärme und Strom zu sparen
    • Kostenfreie Energiesprechstunde für Landkreisbürgerinnen und -bürger seit 2000
    • Spezialberatungen zur Photovoltaik, zu Schimmel ◦ Einführung eines Umweltpreises
    • Bundesweit erfolgreichste Energiekarawanen im Landkreis
  • Erneuerbare Energien
    • Start einer Solaroffensive
    • Erstellung eines Status-Quo-Berichts Windkraft und Sonnenenergie
    • Photovoltaik-Anlagen auf den Landkreisliegenschaften
    • Durchführung von Open Akku: Tag des offenen Batteriestromspeichers
  • Mobilität:
    • Schaffung der Stelle einer Mobilitätsbeauftragten und eines Radverkehrsbeauftragten
    • Erarbeitung eines Radverkehrskonzepts
    • Planung eines Mobilitätskonzepts
    • Mitgliedschaft im der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen
    • Landratsamt als fahrradfreundlicher Betrieb zertifiziert
  • Öffentlichkeitsarbeit
    • Regelmäßige Berichterstattung in der Presse und in den politischen Gremien

Das Klimaschutz-Team des Landratsamtes arbeitet sehr engagiert. Die bereits begonnen Projekte sind auf Langfristigkeit angelegt und sollen fortgesetzt werden. Deshalb ist es mehr als fraglich, ob die personelle Ausstattung für die Bewältigung der vielen noch anstehenden (neuen) Aufgaben ausreicht. Angesichts der hohen Dringlichkeit kommt dem Klimaschutz eine sehr hohe Priorität zu, sodass auch entsprechende personelle Konsequenzen folgen müssen. Wir können es uns nicht leisten uns Klimaschutz nicht zu leisten. Dafür ist keine Zeit mehr. Mit einer konsequenten Klimaschutzpolitik kann den Folgekosten des Klimawandels für die Gesellschaft und die Umwelt entgegengewirkt werden, sodass sich auch zusätzliche Personalkosten durchaus „wirtschaftlich betrachtet“ rechnen können. Deshalb fordern wir das Personal des Klimaschutz-Teams aufzustocken, das innerhalb der Region personell am schlechtesten ausgestattet ist.

Mit freundlichen Grüßen
Für die Fraktion:
Silvia Daßler, Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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