In der Sitzung des Kreisausschusses am Montag, 13. März 2023 wurde als Tagesordnungspunkt zwei über das Deutschlandticket (49-Euro-Ticket) beraten. Eigentlich sollte das Deutschlandticket am 01. Mai 2023 bundesweit starten und durch die jeweiligen Aufgabenträger eingeführt werden. Dafür braucht es für unseren Landkreis einen Beschluss der Anerkennung (den Erlass einer allgemeinen Vorschrift) durch den Verkehrsverbund AVV und den abschließenden Beschluss des Kreistags.

Zur Finanzierung sollen Bund und Länder jeweils 1,5 Milliarden Euro beitragen. Sollte dies nicht ausreichen, ist für 2023 eine „Nachschusspflicht“ vorgesehen, nach der Bund und Länder je zur Hälfte etwaige Ausnahmeausfälle ausgleichen. Für die Folgejahre ist dies noch nicht beschlossen.

Zum Zeitpunkt unserer Beschlussfassung im Kreisausschuss am 13. März 2023 waren sowohl der Zeitplan, als auch die Finanzierung immer noch nicht beschlussmäßig abgesichert durch Bundestag und Bundesrat. Am 16. März 2023 war die Letztberatung im Bundestag vorgesehen und erst Ende März 2023 die Abstimmung im Bundesrat.

Dies ist nun mit den Beschlüssen des Bundestags am 16.03.2023 und dem Beschluss des Bundesrats am 31.03.2023 geschehen, so dass aus unserer Sicht die Einführung des 49-EURO-Tickets auch im AVV kommen muss.

Die Geschäftsführerin des AVV, Dr. Linda Kisabaka, und Landrat Martin Sailer befürchten durch die Einführung höhere Kosten für den ÖPNV und damit ein noch höheres Defizit, wenn nicht sichergestellt ist, dass Bund und Land für die tatsächlichen Einnahmeverluste aufkommen. Der AVV sieht sich schon jetzt einem ständig wachsenden Defizit ausgesetzt. Für das Wirtschaftsjahr 2023 sind es ca. 12, 8 Millionen Euro, für 2024 sind es voraussichtlich 17 Millionen Euro Defizit, für 2025 ca. 18,5 Millionen Euro und für 2026 wird mit einem Defizit von ca. 19,3 Millionen Euro gerechnet, für das der Landkreis aufkommen muss.

Deshalb ist es enorm wichtig, dass die Nachschusspflicht durch Bund und Land klar geregelt wird, auch für die Folgejahre. Die Kommunen dürfen nicht auf den Kosten sitzen bleiben.

Laut Aussage von Landrat Martin Sailer gibt es noch keinen entsprechenden Gesetzentwurf beim Bund, der die Finanzierung sicherstellt. Dies wird durch Herrn Dr. Higl, stellv. Landrat und Bürgermeister von Meitingen, aus Sicht des Städte- und Gemeindetags untermauert. Deshalb sollte ein Beschluss nur unter dem Vorbehalt der vollständigen Finanzierung gefasst werden. Zudem gäbe es auf EU-Ebene noch offene Fragen und nach Aussage des Landrats müsse die EU-Kommission die Ausgleichszahlungen billigen.

Bei der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt entstand eine kontroverse Diskussion zwischen unserer grünen Fraktionsvorsitzenden Silvia Daßler und Landrat Martin Sailer: Die Vorbereitungen zur Einführung liefen auf Hochtouren, die Verkehrsbetriebe bewerben bereits den Kauf eines 49-Euro-Tickets ab Mai 2023. Ein deutschlandweiter Flickenteppich, wo das 49-Euro-Ticket dann gilt bzw. nicht gilt, ist inakzeptabel. Die Finanzierungsbeschlüsse sollen in Bund und Ländern noch im März 2023 erteilt werden. Damit wäre der Start zum 1. Mai 2023 möglich.

Eine Genehmigung durch die EU ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir kritisieren die ständigen Verzögerungen, erst sollte das Deutschlandticket im Januar 2023 starten, dann im März 2023 und jetzt sind wir schon bei Mai 2023. Viele der Nutzer*innen warten dringend auf die Einführung. Nur mit einem guten und bezahlbaren ÖPNV werden wir die Mobilitätswende schaffen. Allerdings ist auch klar, dass der AVV und damit auch der Landkreis weitere Defizitsteigerungen angesichts der angespannten Haushaltslage nicht tragen kann. Deshalb halten auch wir eine klare Finanzierung etwaiger weiterer Defizite aufgrund der Einführung des 49-Euro-Tickets für notwendig.

Beim Beschlussvorschlag konnten wir schließlich eine Ergänzung erreichen. So heißt es nun, dass der Einführung zum 1. Mai 2023 zugestimmt wird, sobald der vollständige Ausgleich durch Bund und Freistaat Bayern sichergestellt ist. Wir sind damit nicht glücklich. Allerdings müssen wir klar zum Ausdruck bringen, dass die Verkehrsverbünde ausreichende Unterstützung von Bund und Land benötigen. Bis zur Kreistagssitzung am 20. März 2023 bzw. am 17. April 2023 werden wir dann der Einführung hoffentlich endgültig zustimmen können.


Hintergrund: Zur Finanzierung des 49-Euro-Tickets

Da der AVV bereits heute und in den kommenden Jahren ein enormes Defizit zu schultern hat, war es wichtig die Finanzierung des neuen Ticketangebots zu sichern. Deshalb wurde der Beschluss zur Einführung des 49-Euro-Tickets am 13.03.2023 im Kreisausschuss unter der Bedingung gefasst, dass die Defizit-Finanzierung durch Bund und Land gesichert ist. Dies ist nun mit den Beschlüssen des Bundestags am 16.03.2023 geschehen.

  1. Etwaige Mehrkosten, die den Unternehmen im Einführungsjahr durch Mindereinnahmen entstehen, werden Bund und Länder je zur Hälfte tragen.
  2. In den Folgejahren vereinbaren Bund und Länder gemeinsam, wie die Finanzierung durch Ticketeinnahmen und die vereinbarten Zuschüsse in Höhe von je 1,5 Milliarden Euro sichergestellt wird.
  3. Die Regionalisierungsmittel werden hierfür in den Jahren 2024 bis 2025 um jeweils 1,5 Milliarden Euro erhöht. Etwaige Mehrkosten, die den Unternehmen im Einführungsjahr 2023 durch Mindereinnahmen entstehen, werden Bund und Länder je zur Hälfte tragen. Daher werden die Regionalisierungsmittel bereits im Jahr 2023 unabhängig von der verspäteten Einführung ebenfalls bereits um 1,5 Milliarden Euro im Sinne einer Abschlagszahlung erhöht. Die tatsächlichen Mindereinnahmen im Jahr 2023 werden im Jahr 2024 festgestellt. Insbesondere reduziert sich der Nachteilsausgleich, wenn durch die spätere Einführung Mindereinnahmen unterhalb von 3 Milliarden Euro anfallen.
  4. Ergibt eine Überprüfung, dass die Mittel in Höhe von 3 Milliarden Euro für den Ausgleich der finanziellen Nachteile durch das bundesweit gültige Nahverkehrsticket im Einführungsjahr 2023 nicht ausgereicht haben, wird der Bund die Mehrkosten zur Hälfte tragen. Sofern geringere Belastungen entstanden sind, wird der hälftige Anteil des Bundes reduziert.
  5. Nach erfolgter Auswertung der verkehrlichen und finanziellen Auswirkungen des Deutschlandtickets in den Jahren 2023 und 2024 ist im Jahr 2025 ein erneutes Gesetzgebungsverfahren erforderlich, um auf der Grundlage der dann erfolgten Regelungen zum Nachteilsausgleich die weitere Finanzierung des bundesweit gültigen Nahverkehrstickets dauerhaft zu sichern.

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