In der Bauausschusssitzung im März 2023 war der Wunsch geäußert worden, dass das Thema „Tempo 30 innerorts auf qualifizierten Hauptverkehrsstraßen“ der bundesweiten Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ behandelt wird, auch unter der Fragestellung, ob der Landkreis das Anliegen der Initiative unterstützt und mitträgt. Jetzt ist es im Bauausschuss mit großer Mehrheit positiv entschieden worden.

Wir GRÜNE Bauausschussmitglieder begrüßen ausdrücklich den Beschluss, die Verwaltung zu beauftragen, der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ beizutreten.

Diskussion und Entscheidung in der Bauausschuss-Sitzung am 08.05.2023

Herr Lutz vom Tiefbauamt trug den Sachverhalt vor. Die anschließende Diskussion zeigte einmal mehr, wie unterschiedlich Mobilität und Lebensqualität verstanden und gewichtet werden. Doris Lurz, GRÜNE Kreisrätin im Bauausschuss kommentierte einen Einwand, dass erst ein Modellprojekt erfolgreich durchgeführt werden soll: „Mit dem Beitritt zur Initiative gehen wir keinerlei finanzielle Verpflichtungen ein, denn die Initiative hat zur Zeit keine rechtlichen Möglichkeiten, Tempo 30 auf den Hauptverkehrsstraßen durchzusetzen oder für alle Hauptstraßen anzuordnen. Wir unterstützen aber das Anliegen. Ob eine Gemeinde nach einer Änderung der Rechtslage Tempo 30 auf der Hauptstraße einführt oder nicht, muss dann der zuständige Gemeinde- oder Stadtrat klären und entscheiden.“ Mit einem Anschluss an die Initiative geht jedenfalls ein weiteres Signal an die Bundesregierung, hier tätig zu werden.

Die Initiative stärkt mit ihrem Anliegen Tempo 30 auf qualifizierten Hauptverkehrsstraßen die Selbstverwaltungshoheit der Städte und Gemeinden und überträgt die Verantwortung für den innerstädtischen Verkehr in die Hand der Kommunen, in die Hände derer, die vor Ort Verantwortung tragen und dort leben.

Zulässig sind gegenwärtig nur innerorts Tempo 30 Zonen in Wohngebieten nach StVO § 45 Abs. 1c und ein streckenbezogenes Tempo 30 nach StVO § 45 Abs. 9 an Kindergärten, Kindertagesstätten, Allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern.

 

Hintergrund:
Die Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ >>>>>>

Die Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ wurde im Juli 2021 durch sieben Städte initiiert, dabei waren auch die Städte Augsburg und Ulm. Inzwischen besteht die Initiative aus einem Bündnis von über 500 Städten und Gemeinden, die die Bundesregierung zur „Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 innerorts ohne weitere Einschränkungen“ auffordert.

In der Erklärung der Initiativstädte (aus dem Positionspapier, Stand Juli 2021) begründen die für Mobilität und Stadtentwicklung zuständigen Beigeordneten, Bürgermeister:innen und Stadtbaurät:innen ihre Forderung folgendermaßen:

„1. Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen.

2. Wir sehen Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume.

3. Wir fordern den Bund auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kommunen im Sinne der Resolution des Deutschen Bundestags vom 17.01.2020 [Vision Zero im Straßenverkehr mit 0 Verkehrstoten, Bekenntnis zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende, sowie Steigerung der Lebensqualität in den Städten und Gemeinden] ohne weitere Einschränkungen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort anordnen können, wo sie es für notwendig halten.

4. Wir begrüßen ein vom Bund gefördertes begleitendes Modellvorhaben, das wichtige Einzelaspekte im Zusammenhang mit dieser Neuregelung vertieft untersuchen soll (u. a. zu den Auswirkungen auf den ÖPNV, zur Radverkehrssicherheit und zu den Auswirkungen auf das nachgeordnete Netz), um ggf. bei den Regelungen bzw. deren Anwendung nachsteuern zu können.“

Die Radfahrverbände und die Bevölkerung wünschen sich vor allem die Tempo 30, wenn:

  • mehrere Nahversorgungseinrichtungen an der Hauptstraße liegen (Querungen von Fußgängern, Parkvorgänge, …)
  • keine (oder nur mit großen kostspieligen Umbaumaßnahmen) separate Radverkehrsinfrastruktur möglich ist
  • höhere Aufenthaltsqualität gewünscht ist
  • zur Lärmreduzierung.

Es geht also nicht um ein generelles oder auf allen Hauptstraßen angeordnetes Tempo 30, sondern auf dafür qualifizierten Ortsdurchgangsstraßen.

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