Antrag: Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt

Seit Jahren mangelt es in bayerischen Frauenhäusern, auch in unserer Region, an genügend Plätzen für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt werden. Nun wird von den Fachleuten befürchtet, dass in Folge der in der Coronakrise getroffenen Maßnahmen wie Quarantäne, Ausgangsbeschränkungen, Besuchsverbote, Einstellung der Kinderbetreuung und des Schulbesuchs, Homeoffice einhergehend mit zunehmend sozialen und finanziellen Problemen eine drastische Zunahme an häuslicher Gewalt zu erwarten ist. Zahlen aus dem Ausland hatten erschreckend aufgezeigt, wie Gewalt gegen Frauen in Corona-Zeiten weiter eskaliert.

Die Betroffenen stehen unter einer extremen psychischen Anspannung, denn gerade jetzt haben viele Frauen kaum – und Kinder gar nicht – eine Möglichkeit, sich unbemerkt Hilfe zu holen, da die Familien ja permanent, und oft auf engstem Raum, zusammen sind. Die eh schon oft schwierige Situation der hilfesuchenden Frauen verschärft sich in dieser Situation weiter.

Trotz der Befürchtungen, dass die Zahl der Übergriffe auf Frauen wie im Ausland rapide ansteigen könnte, ist die Lage in Bayern bisher stabil. Eine bayernweite Abfrage der Frauenhäuser ergab, dass die Nachfrage an Plätzen bisher nicht zunahm. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass durch die derzeitige Situation betroffene Frauen kaum mehr alleine sind und dadurch auch weniger Möglichkeiten hätten, sich Hilfe zu holen. Viele Frauenhäuser rechnen damit, dass die Nachfrage nach Plätzen noch steigen könnte. Doch auch so werde die Lage für Frauenhäuser aufgrund des Coronavirus immer schwieriger.

Als Probleme werden dabei folgende Punkte genannt:

  • Spendengelder bleiben aus
  • Gleichzeitig müssen Mehrausgaben für technische „Nachrüstungen“ aufgebracht werden
  • Einhaltung der Abstands- und Desinfektionsvorgaben auf engem Raum
  • Fehlende Übergangswohnungen für eine 14-tägige Quarantäne von neuaufzunehmenden Frauen.
  • Schutzausrüstung wird dringend benötigt und
  • fehlende Handlungsoptionen insbesondere hinsichtlich des Vorgehens, wenn keine Plätze mehr frei sind,
  • Fehlende Handlungsoptionen, wenn Frauen dringend einen Platz brauchen, aber keine Möglichkeit besteht sie in 14-tägige Quarantäne zu nehmen.

Es gilt also Maßnahmen zu ergreifen bzw. Konzepte zu entwickeln, die Frauen und Kindern, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, möglichst schnell erreichen und helfen. Dazu müssen Informationen und die Kontaktaufnahmemöglichkeit einfach zugänglich gemacht werden und die Frauenhäuser in die Lage versetzt werden adäquat helfen zu können.

Der Kreistag möge deshalb beschließen:

  1. Es braucht schnell und einfach zugängliche Informationen, die betroffenen Frauen und Kindern Hilfe- und Schutzmöglichkeiten aufzeigen. Alle Angebote zu Beratungsstellen und zum Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ sollen deshalb über Online- und Print Medien, sowie die sozialen Medien beworben werden. Die Kampagne soll auch die Gesellschaft insgesamt sensibilisieren, so dass Nachbarn, Angehörige etc. schnell und unbürokratisch (auch anonym) Hilfe holen können.
  2. In Abstimmung mit dem Schulamt soll über die Sozialarbeit und die psychologischen Kräfte der Landkreisschulen, eine Handlungsempfehlung erarbeitet werden, über die Familien, die bisher nicht oder kaum zu erreichen waren, oder bei denen bereits eine Risikosituation bekannt war, verstärkt aktiv aufgesucht und angesprochen werden. Im Einzelfall soll in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt eine Notfallbetreuung für diese Schulkinder -auch von Eltern mit nicht-systemrelevanten Berufen, analog dem Verfahren bei nicht-Schulkindern, angeboten werden um die häusliche Situation zu entspannen.
  3. Der Landkreis mietet Wohnungen bzw. Hotels und Pensionen an für Quarantänefälle und auch für die Unterbringung von Opfern häuslicher Gewalt, die keinen Platz in einem Frauenhaus finden. Hier braucht es ein entsprechendes Sicherheitskonzept.
  4. In „begründeten Verdachtsfällen“ müssen möglichst schnell Corona-Tests zur Verfügung gestellt werden damit die Frauen, die in den Häusern leben und die Kinder – und natürlich auch die Mitarbeiterinnen – nicht in einer völlig unklaren Risikosituation leben müssen.
  5. Die Frauenhäuser werden mit ausreichend Schutzmaterial ausgestattet.

Für die Fraktion:
Silvia Daßler, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Comments are closed.