Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung

Am 21.02.2022 hatte der Kreistag den Haushalt 2022 verabschiedet, am 24.02.2022 sind russische Truppen in der Ukraine einmarschiert. Wenn wir bis dahin dachten, der Klimanotstand und die Coronapandemie seien die Herausforderungen schlechthin, mussten wir 2022 zur Kenntnis nehmen, dass es noch schlimmer geht: Der Krieg ist zurück in Europa mit all seinen schrecklichen Folgen für die angegriffenen Menschen, für unsere Wirtschaft, für unsere Energieversorgung, mit Inflation und mit Folgen für vermeintliche Gewissheiten und über die Jahre liebgewonnene Gewohnheiten.

Vor diesem besorgniserregenden und bedrückenden Hintergrund haben wir die Haushaltsberatungen im Dezember 2022 begonnen wobei auch der finanzielle Ausgangspunkt für die Haushaltsberatungen besorgniserregend war: Eine Deckungslücke im Gesamthaushalt von 14.558.400.- € nach Rücklagenentnahme und eingerechneter maximaler Kreditaufnahme.

Dass wir heute dennoch einen ausgeglichenen Haushalt vorliegen haben, ist u.a. auf die enormen Einsparbemühungen aller Fachbereiche, die Verschiebungs- und Kürzungsdiskussionen in den Fachausschüssen, der Reduzierung der Bezirksumlage, die Erhöhung der Kreisumlage, einer weiteren Verschuldung in Höhe von 21.500 Millionen € und einer Rücklagenentnahme in Höhe von 9,4 Millionen € zurückzuführen.

An dieser Stelle vielen Dank an unsere Kämmerin Frau Seyberth, mit deren geduldigen Erläuterungen und ihrem wirklich umfassend erklärenden Vorbericht es möglich war, die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der verschiedenen Bereiche nachzuvollziehen. Mein Dank gilt auch den Vertreter*innen der Fachbereiche für ihre ausführlichen Erläuterungen.

Deutlich wurde bei alledem: Auch die Jahre 2024 und 2025 werden uns vor große Herausforderungen stellen. Denn im Moment ist hier von einer Deckungslücke von ca. 18 Millionen in 2024 und 10,3 Millionen € in 2025 auszugehen.

Der vorliegende Haushalt 2023 hat uns deshalb zu Kompromissen und Zugeständnissen gezwungen und dennoch bleibt er mit großen Unsicherheiten belastet.

So konnten trotz steigender Verantwortlichkeiten des Landkreises und damit zunehmender Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter*innen, keine neuen Stellen im Haushalt ausgewiesen werden. Dies war keine leichte Entscheidung. Und dabei ist es nicht einmal absehbar ob die eingeplante Höhe der Tarifsteigerungen im Personalbereich von 4 % ausreichen wird. Die derzeige Forderung von verdi liegt bei 10,5 %.

Darüber hinaus ist nicht absehbar, wie sich die Finanzierung der Wertachkliniken entwickeln wird. Von einem eventuellen Neubau ist dabei noch gar keine Rede.

Auch bei der Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs wissen wir nicht, wo die Reise in den nächsten Jahren hingehen wird. Nur eines ist sicher: Wir werden deutlich höhere Finanzmittel benötigen, wenn wir hier tatsächliche Verbesserungen erreichen wollen.

Nicht absehbar ist auch die Entwicklung der Baukosten, der Zinsen und der Inflation. Und dann ist da noch der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der sich weltweit auf Lieferketten und Rohstoffpreise auswirkt und vor Ort unsägliches Leid verursacht.

Trotz alldem: Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun und die größte Herausforderung ist und bleibt die Bewältigung des Klimawandels!

Wir müssen ihm mit all seinen ökologischen aber eben auch sozialen und wirtschaftlichen Folgen entschieden entgegentreten. Konsequente Klima- und Umweltpolitik ist für uns alle existenziell. Deshalb müssen Nachhaltigkeitsbelange jetzt schon und mit aller Konsequenz bei allen Entscheidungen mitgedacht und mitberücksichtigt werden. Dafür werden wir uns weiter einsetzen und stark machen – auch wenn die Haushaltslage schwierig sein mag.

Aus Sicht unserer Fraktion ist der Haushalt 2023 ein massiver Sparhaushalt. Und nicht bei allen „Einsparungen“ ist uns eine Zustimmung leichtgefallen.

  • So konnten etwa im Ausschuss für Umwelt und Energie unsere GRÜNEN Mitglieder einigen Einsparungsvorschlägen nicht folgen.

Insgesamt handelt es sich hierbei – relativ gesehen – um keine großen Summen, aber es geht dabei um Projekte, die durchaus Breitenwirkung haben, wie etwa Klimabildungsprojekte für Schulen, Beratungsangebote und das wichtige Pilotprojekt Betriebliches Mobilitätsmanagement. Hier wurden die beantragten 120.000 € auf 50.000 € gekürzt. Ob damit das Projekt in 2023 adäquat begonnen werden kann, erscheint zumindest fraglich. Auch für die Umsetzung und Aktualisierung des Klimaschutzkonzeptes wurden statt der beantragten 60.000 € nur 40.000 € bewilligt. Im noch angespannteren Haushalt 2024 sollen dann wieder höhere Mittel zur Verfügung stehen. Da sind wir mal gespannt.

Ein ähnliches Problem sehen wir beim Bauausschuss

Hier wurden alle noch nicht begonnen Bauprojekte für das Jahr 2023 gestrichen und auf die nächsten Jahre verschoben. Unsere Fraktion kann sich mit der Schiebung oder gar Streichung von Straßenausbaumaßnahmen gut abfinden, nicht jedoch mit der weiteren Verzögerung beim Radwegebau, hier im Besonderen der Radweg von Rommelsried nach Biburg: Nachdem jetzt endlich nach jahrelangen Bemühungen die Grundstücke für den Bau zur Verfügung stehen, sollte auch unbedingt mit den Planungen in 2023 begonnen werden um keine noch längeren Verzögerungen in Kauf zu nehmen, zu Lasten der Sicherheit von Radfahrer*innen und zu Lasten des Klimaschutzes. Im Kreisausschuss wurde uns auf unseren entsprechenden Antrag hin versichert, dass der Haushalt der Bauabteilung das zulassen würde.

Die Ausgaben für die Bezirksumlage verringern sich um 720.000 € nachdem die Umlage um 0,2 % gesenkt wurde. Allerdings sei hier angemerkt, dass die Umlage zuvor um 0,5 % erhöht worden war, wir also noch eine Differenz von 0,3 % zu diesen Jahren haben. Die Abführung an den Bezirk beträgt damit immer noch runde 82 Millionen €. Durch Einsparungen von ca. 9,4 Millionen konnten die Ausgaben weiter gesenkt werden.

Bei der Frage, wo noch weiter gespart werden könnte, kommen nun die freiwilligen Leistungen und Standards in die Diskussion.

Wir können diese Leistungen aber nicht beliebig reduzieren ohne an die Substanz dessen zu gehen, was unseren Landkreis lebenswert und zukunftsfähig macht.

Wir müssen den sozialen Zusammenhalt und das ehrenamtliche Engagement unbedingt weiter stärken. Dafür braucht es die vielen Vereine und die vielfältigen kulturellen Angebote, dafür brauchen wir gleichberechtigte Teilhabe Aller am gesellschaftlichen Leben.

Wir müssen Bildung für alle ermöglichen, aus Gründen der Chancengleichheit und der Chancengerechtigkeit, aber auch unter dem Blickwinkel des akuten und sich weiter verschärfenden Fachkräftemangels. Hier haben z.B. unser Bildungsbüro und die Schulsozialarbeit eine absolut wichtige Funktion.

Doch gerade bei diesen wichtigen Themen bewegen wir uns oft im Bereich der freiwilligen Leistungen. Selbst die Leistungen für den ÖPNV und im Klimaschutz sind keine Pflichtaufgaben, weder des Landkreises noch der Kommunen.

Wir werden uns hier oft in einem Dilemma befinden.

Ein Beispiel hierfür war zuletzt die Erhöhung des Betreuungsschlüssel in Kindertagesstätten.

Die Kommunen investieren große Summen in den Bau von Kinderbetreuungsstätten, doch es fehlt das Personal, weshalb Gruppen geschlossen werden müssen. Die befristete Erhöhung des Betreuungsschlüssels von 12 auf 15 Kinder ist deshalb so eine Entscheidung. Es können dadurch zwar mehr Plätze zur Verfügung gestellt werden, aber es wird in Teilen zum Nachteil der Kinder und Erzieher*innen gehen. Ein Dilemma. Es braucht Entlastungen des betreuenden Personals, gerade auch bei den vielen Verwaltungsaufgaben.

Ähnlich ist es beim Thema Mangel an Lehrpersonal.

Die Kommunen und der Landkreis investieren Millionen in die Sanierung und den Ausbau ihrer Schulen, dennoch ist guter Unterricht in Frage gestellt, weil akuter Mangel an Lehrkräften besteht. Da verwundert die Aussage von Staatsminister Piazzolo, dass wir heute mehr Lehrkräfte pro Schüler*innen hätten als je zuvor. Warum werden dann an Grundschulen Förderstunden gestrichen, warum will Ministerpräsident Söder Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abwerben?

Wir bauen die Häuser, haben aber zu wenig Erzieherinnen und Erzieher, zu wenig Lehrkräfte um die Qualität und die Standards wie Gruppengröße, Klassengröße und spezielle Förderungen beizubehalten. Da muss die Staatsregierung endlich handeln.

Und es stellen sich weitere Fragen an die Staatsregierung. Wie kann es sein, dass die umweltfreundliche Mobilität, der ÖPNV, eine freiwillige Leistung des Landkreises ist?

Wir arbeiten seit einiger Zeit mit hohem Aufwand an der Fortschreibung unseres Nahverkehrskonzeptes. Doch unter welchen finanziellen Voraussetzungen wird dieses umsetzbar sein? Zielvorgaben, Konzepte und Anforderungen von oben, werden ohne entsprechende Finanzierung nicht umgesetzt werden können.

Wie kann es sein, dass Klimaschutz eine freiwillige Aufgabe der Gemeinden und Landkreise ist?

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2021 musste die Staatsregierung das erst ein Jahr alte bayerische Klimaschutzgesetz überarbeiten. An einigen Stellen wird den kommunalen Gebietskörperschaften empfohlen entsprechend dem Vorbild der Staatsregierung zu verfahren.

In einem AZ-Bericht vom 10.02.23 war zu lesen, dass sich die Staatsregierung von der bis 2023 zu erreichenden Klimaneutralität ihrer Ministerien freikaufe, indem sie Emissionsminderungszertifikate aus China kaufe. Ich nehme mal an, dass dies den Kommunen nicht gestattet werden würde, abgesehen davon, dass sie dafür kein Geld hätten.

Im begleitenden Klimaschutzprogramm wird ebenfalls festgestellt, dass den Kommunen beim Klimaschutz eine Schlüsselrolle zukommt. Die Kommunen sollen der Staatsregierung nacheifern, aber das Geld dafür wird i.d.R. – wenn wir Glück haben – lediglich über befristete Förderprogramme kommen. So geht das nicht. Wenn Klimaschutz vor Ort wichtig ist zur Erreichung der existenziellen Klimaziele, und davon sind wir überzeugt, dann muss die Finanzierung stimmen. Deshalb wollen wir, dass Klimaschutz zur kommunalen Pflichtaufgabe wird.

Wenn keine weiteren Einsparungen vorgenommen werden können ohne die Lebensqualität im Landkreis zu schmälern, dann müssen wir über die Einnahmeseite sprechen. Anregungen dazu haben wir eingebracht und sind froh, dass bereits im Frühjahr der AK Haushalt und Finanzen zusammenkommt, um die verschiedenen Möglichkeiten zu besprechen.

Im vorliegenden Haushalt wurde das verbliebene – und aus unserer Sicht nicht durch weitere Einsparungen zu reduzierende – Defizit in Höhe von 2,7 Millionen € durch eine Erhöhung der Kreisumlage von 48,25% auf 49% gedeckt.

Die Kreisumlage ist damit wieder auf dem Niveau von 2019. Bei dieser Erhöhung wurden alle Bedingungen, die dafür Voraussetzung sind vorgelegt. Teile der Freien Wähler wollen wohl dennoch diese Umlageerhöhung nicht mittragen. Ich kann mich allerdings an keine Vorschläge erinnern, die die Freien Wähler zu weiteren Einsparungen bzw. zur Deckung des verbliebenen Defizits eingebracht hätten. Da bleibt das Gefühl einer rein populistischen und dem Wahlkampf geschuldeten Entscheidung zurück. Es ist immer leichter und natürlich auch viel angenehmer und werbewirksamer, mit Finanzgeschenken durch den Landkreis zu reisen als sich hinzustellen und zu sagen woher das fehlende Geld für den Kreishaushalt kommen soll.

Lassen Sie mich mit einem Zitat des Existentialisten Jean Paul Sartre meine Rede beschließen: Vielleicht gibt es schönere Zeiten; aber diese ist die unsere.

Dies ist unsere Zeit und es sind unsere Herausforderungen, die wir für eine lebenswerte Zukunft bewältigen müssen. Unsere Fraktion wird mehrheitlich dem Haushalt 2023 zustimmen.

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