Rede zum Haushalt vom  17. Februar 2020 – Silvia Daßler

Zunächst möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit in den Ausschüssen und im Kreistag bedanken, ebenso bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und heute speziell bei Kämmerer Herrn Füßle für die Unterstützung und Beantwortung vieler Fragen im Laufe eines Jahres. Gute und vor allem faire Zusammenarbeit und Auseinandersetzungen sind nicht selbstverständlich. Sowohl in der verbalen Auseinandersetzung als auch im Handeln, Taktieren und Paktieren sind werden zunehmend Grenzen überschritten, wie zuletzt der Fall Thüringen zeigt. Ausmaße und Auswirkungen sind fatal und untergraben meiner Meinung nach weiter das Vertrauen in die Demokratie und die Politiker*innen.

Sprache und Taten erzeugen Stimmungen, gegen die man dann mit Sachlichkeit oft wenig ausrichten kann. Deshalb möchte ich mich ausdrücklich für den guten Umgang miteinander hier im Kreistag bedanken. Dies ermöglicht es uns, gemeinsame Ziele oder wenigstens gemeinsame Frage- und Problemstellungen zu formulieren und uns dann ggfs. auf nötige Kompromisse einzulassen. Kompromissfähigkeit ist aus meiner Sicht keine Schwäche, sondern Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit – vor allem in der Politik.

Demokratie lebt von den Menschen vor Ort. Deshalb ist es so wichtig, dass wir hier vor Ort auch zeigen, wie Demokratie funktioniert, wie wichtig der demokratische Zusammenhalt auch für unsere Gemeinwesen ist und welchen Anspruch wir an demokratischen Umgang miteinander haben. Sie merken, das Thema treibt mich um. Was das nun mit dem Haushalt zu tun?

Viel.  er vorliegende Haushalt gestaltet im Rahmen der Zuständigkeit des Kreistags das Leben im Landkreis mit. Das was hier an Ausgaben und Investitionen festgelegt wird, kommt in der Regel unmittelbar bei den Menschen vor Ort an. Was wir in Bildung, im Sozialbereich, in Verkehrsinfrastruktur, Gesundheit, Umwelt- und Naturschutz investieren beeinflusst die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger im Landkreis mit. Und das nicht nur für 2020, sondern auf viele Jahre in der Zukunft. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Investitionen nachhaltig sind, dass wir zukünftige Entwicklungen und Notwendigkeiten mitdenken.

Heute verabschieden wir den letzten Haushalt dieser Kreistagsperiode. Am 15. März wird neu gewählt. Dann wird ein neuer Kreistag in neuer Zusammensetzung die Arbeit für das Jahr 2020 und die folgenden Jahre auf der Basis des von uns heute diskutierten und verabschiedeten Haushalts aufnehmen. Viele der großen Projekte und Themen, die in den zurückliegenden 6 Jahren begonnen wurden, müssen in den nächsten Jahren fortgeführt werden, wie beispielsweise der Neubau des Paul-Klee-Gymnasiums in Gersthofen und die Generalsanierung des Justus-von-Liebig-Gymnasium in Neusäß. Allein hierfür sind bis zum Jahr 2025 insgesamt 192 Millionen in der Investitionsplanung veranschlagt. Unsere Fraktion befürwortet die Investitionen in Sanierung und Neubau unserer Schulen, damit zeitgemäße und gute Bildungsorte entstehen, die die heutigen und hoffentlich auch zukünftigen Anforderungen an Schulgebäude erfüllen. Die genannten Investitionssummen machen aber deutlich, dass auf den Landkreis große Ausgaben in den nächsten Jahren zukommen, ganz zu schweigen von den aus unserer Sicht dringend notwenigen Finanzmittel für den Bereich Klimaschutz und Verkehrswende, die ja auch alle voranbringen wollen. Deshalb hat es mich doch sehr erstaunt, dass es hinsichtlich der Kreisumlage in der letzten Sitzung des Kreisausschusses vor der Haushaltsverabschiedung zu einem „Paradigmenwechsel“ gekommen ist. Bisher galten gerade diese hohen Investitionen in den nächsten Jahren als Argument gegen eine Senkung der Kreisumlage. So galt bisher die Maxime in guten wie in schlechten Tagen eine möglichst zwar hohe aber stabile Kreisumlage zu halten, auch um den Gemeinden Planungssicherheit zu geben. CSU, FW und SPD haben sich nun davon verabschiedet, obwohl sie alle betonen, dass in den nächsten Jahren angesichts der hohen bereits geplanten Investitionen, die Kreisumlage dann durchaus wieder angehoben werden könnte. So nannte Kollege Mehring diese Absenkung um 0,75 % als ein bisschen symbolisch. Können wir uns Symbolpolitik leisten? Für die Kommunen mag der Begriff „symbolischer Betrag“ zutreffen. Für den Landkreis bedeutet diese Symbolpolitik ca. 2,34 Millionen weniger Einnahmen.

Wir haben keinen Antrag gestellt, die Kreisumlage nicht zu senken, da der Ausgang der Abstimmung wohl eindeutig wäre, wir aktuell keine weiteren Kredite wegen Vertragsbindung zurückzahlen können und wir auch kein Ausspielen von Kreis gegen Kommunen wollen.

Allerdings gibt es in zentralen Politik- und Zukunftsfeldern viel zu tun, für die wir jeden Cent brauchen können:

Klimaschutz und Verkehrswende – Natur- und Umweltschutz – Bildung, Integration und Teilhabe.

Das Thema Klimaschutz und Klimanotstand beschäftigt viele Menschen sehr. Gerade junge Menschen haben die berechtigte Sorge um ihre Zukunft und schon heute leiden Menschen auf der ganzen Welt unter den Folgen der Klimaerwärmung und fatalerweise leiden die am meisten, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Deshalb gilt der Slogan „global denken – lokal handeln“ gerade auch im Bereich Klimaschutz besonders. Wir müssen auch auf Landkreisebene Antworten darauf geben, was wir hier vor Ort tun können um unseren wirksamen Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten. In einem umfangreichen Antrag haben wir das Thema aufgegriffen. Denn trotz aller bereits ergriffenen Maßnahmen ist klar, dass unser eigenes Klimaschutzziel und erst recht das Pariser Klimaschutzziel mit dem bisherigen Ausbau der Photovoltaik, der Solarthermie und der Windenergie nicht erreicht werden kann. Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen und Projekte finden zwar die Zustimmung der Stabsstelle Mobilität und Klimaschutz und werden zum Teil auch angegangen, laut Vorlage ist aber vieles in der aktuell vorhandenen Personalkapazität nur eingeschränkt umsetzbar.

Wir konnten erreichen, dass der Landkreis ab jetzt für seine Liegenschaften Ökostrom bezieht, dass auf das neue Berufsschulzentrum eine Photovoltaikanlage installiert wird und, dass das Diedorfer Gymnasium ein „Vorzeigebauwerk“ gerade auch in energetischer Hinsicht geworden ist. Wir wollen, dass dies auch für die geplanten Neubauten der Gymnasien in Gersthofen und Neusäß gelingt. Auch die Umsetzung unserer Anträge zur Plastikvermeidung in der Landkreisverwaltung und den Einrichtungen des Landkreises sowie die Verwendung von mehr ökologischen, regional und fair erzeugten Produkten sollen einen Beitrag zu mehr Natur- und Klimaschutz leisten; sie müssen nur konsequent verfolgt und umgesetzt werden. Wir werden hier dranbleiben.

Mehr Klimaschutz erfordert auch eine konsequente ökologische und sozial gestaltete Verkehrswende. 25% der Emissionen im Wirtschaftsraum Augsburg stammen vom Verkehr. Klimaschutzziele sind folglich ohne umweltfreundliches und soziales Mobilitätsangebot nicht zu erreichen. Deshalb begrüßen wir, dass nun ein konkretes Mobilitätskonzept für den Landkreis in Auftrag gegeben worden ist, das insbesondere auch die Co2-Emissionen und eine Mobilitätsgarantie im ganzen Landkreis im Blick haben soll.

Wir wollen und brauchen ein an den unterschiedlichen Verhältnissen im Landkreis und damit den verschiedenen Bedarfen innerhalb des Landkreises angepasste, vielfältige flexible und preisgünstige Mobilitätsangebote. Dazu gehören die Vernetzung und Vertaktung der verschiedenen Mobilitätsangebote, Radverkehrsnetze mit sicheren und schnellen Radwegverbindungen genauso wie Sharing-Angebote, Straßenbahnen, die in die Region fahren, eine Regio-Schienen-Bahn mit mindestens 15 Minutentakt, die reaktivierte Staudenbahn und ein preisgünstiges . Dafür machen wir uns weiterhin stark. Zuletzt mit unserem Antrag, dass das von der Staatsregierung angekündigte 365.-€-Ticket für Schüler*innen und Auszubildende auch für Student*innen aus dem Landkreis gelten soll und natürlich wollen wir in absehbarer Zeit das 365.-E-Ticket für Alle. Das alles gilt es zu finanzieren, natürlich stehen dabei Bund und Land auch in der Verantwortung.

Die aktuelle Mobilitätsuntersuchung mit Erfassung des Modal-Split für den Landkreis macht deutlich, dass es noch großen Handlungsbedarf gibt, ganz besonders im Bereich öffentlicher Nahverkehr. Dieser hat laut der Modal-Split-Untersuchung nur 8%-Anteil am Verkehrsaufkommen. Das ist zu wenig!

In der AZ vom 12.03. war die Überschrift zu lesen: Wie geht es weiter mit dem AVV? Dieser Frage müssen wir uns stellen, allerdings ist für uns klar, dass wir den Verbund nicht in Frage stellen; im Gegenteil; wir müssen angesichts der oft geforderten hohen Mobilität im Beruf und der oft weiten Wege vom Wohnort zur Arbeitsstelle eher in größeren räumlichen Zusammenhängen denken. Diese verschiedenen Bedürfnisse gerade im Verhältnis von Stadt und Flächenlandkreis unter einen Hut zu bekommen ist nicht einfach. Deshalb unterstützen wir die Einstellung einer Fachkraft für den ÖPNV, die helfen soll, die Interessen und Bedarfe des Landkreises klar herauszuarbeiten und vor allem die schnelle Entscheidung über eine neue Geschäftsführung des AVV, die mit klaren Aufgaben- und Zielbeschreibungen ihre Arbeit aufnehmen soll.

Anmerkung zur AZ:  nicht alle Fraktionen haben der Vertragsbeendigung des ehemaligen Geschäftsführers zugestimmt, die GRÜNEN hatten nicht zugestimmt.

Um Umwelt und Klima zu schützen, muss in den kommenden zehn Jahren eine Infrastruktur aufgebaut werden, die das Zusammenleben gut macht, ohne die Natur zu zerstören. Das Geld dafür muss auch von Bund und Land kommen.

Weitere wichtige Zukunftsthemen, die ebenfalls eng miteinander verbunden sind, sind die Themen Bildung – Integration und Teilhabe

2014 erhielt der Landkreis das offizielle Qualitätssiegel „Bildungsregion in Bayern“. Und Bildung ist weit mehr als Schulsanierung und Schulneubau. Bildung ist Voraussetzung für Chancengerechtigkeit und Teilhabe, Bildungsgerechtigkeit ist eine Voraussetzung für das Gefühl dazuzugehören und ist deshalb auch so wichtig für die Förderung und Wertschätzung unserer Demokratie und unseres Gemeinwesens. Die vielen Aktivitäten im Bildungsbüro machen dies deutlich und leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Deshalb begrüßen wir es sehr, dass das Thema Bildung in seinen verschiedenen Facetten intensiv bearbeitet wird. Seit Anfang 2019 wird an der Weiterentwicklung zur Digitalen Bildungsregion gearbeitet. Ende des Jahres wurde nun das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung aufgegriffen. Ein „Ur-GRÜNES Thema“. Die deutsche UNESCO-Kommission fasst nachhaltige Entwicklung wie folgt: „Menschenwürde und Chancengerechtigkeit für alle in einer intakten Umwelt verwirklichen. Zu den Themen gehören unter anderem Klima, Umwelt und Ressourcen. Aber auch soziale Aspekte und die globale Perspektive spielen eine wichtige Rolle. In diesen Zusammenhang gehören auch das Eckpunktepapier zur Integration und die Arbeit am Thema Jugendbeteiligung. Die Bildungsregion Augsburg –Land wird so mit Leben gefüllt und das freut uns sehr. Danke an alle die hier so intensiv am Thema arbeiten, besonders dem Team aus dem Bildungsbüro.

Eine Wohnung zu haben ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für soziale Teilhabe und hier fordern wir eine aktivere Politik des Landkreises ein. Das geht von einer besseren personellen und finanziellen Ausstattung der Wohnungsbaugesellschaft, über eine intensive Zusammenarbeit mit den Gemeinden bis hin zu Beratungs- und Hilfsangeboten. So sollte die Landkreiswohnungsbaugesellschaft dem Beispiel der Augsburger Wohnbaugruppe folgen und in einem ersten Schritt eine Wohnungstauschberatung- und -hilfe innerhalb ihres Wohnungsbestandes ermöglichen. Auch hier gibt es viel zu tun – Kreativität ist gefragt und auch hierfür braucht es ausreichend finanzielle Mittel.

Gesundheit ist ein hohes Gut und die Gewissheit, gleiche Chancen in der Gesundheitsversorgung zu haben, trägt auch dazu bei, sich dazugehörig zu fühlen. Gesundheit und gute Pflege, Barrierefreiheit und Wahlfreiheit im Hinblick auf Unterstützung, gutes Wohnen zu Hause oder in einer Einrichtung sind oft Voraussetzung dafür, dass man am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann. Seit 2019 ist unser Landkreis eine von bayernweit 50 geförderten Gesundheitsregionen, in der die allgemeine medizinische Versorgung und Prävention verbessert werden soll. Ein Hauptziel soll sein, dass im Sinne der Chancengleichheit das Angebotsspektrum im Gesundheitsbereich allen Landkreisbürgerinnen und -bürgern zur Verfügung steht. Hier gibt es sicherlich angesichts von Uniklinikum und Wertachkliniken, Hebammenmangel und Pflegenotstand, Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals, Mangel an Ärztinnen und Ärzten auf dem Land, viel zu tun. Wir wollen, dass dies nicht nur ein „Sonntagsprojekt“ ist, sondern, dass in der Realität Verbesserungen für die Landkreisbürger*innen entstehen und das wird nicht einfach, denn viele Rahmenbedingungen werden auf Bundes- und Landesebene gesetzt. Ein Schritt in die richtige Richtung ist deshalb die Förderung der Einrichtung von Kurzzeitpflegeplätzen durch den Landkreis mit zunächst 200.000.-€, ebenso die Einrichtung einer halben Stelle zur Koordinierung der Kurzzeitpflege. Für die Zukunft brauchen wir ein Gesamtkonzept, bei dem auch die Demenzkranken und ihre Angehörigen berücksichtigt werden. Angesichts des Mangels an Plätzen und des steigenden Bedarfs ist dies sicherlich nur ein erster kleiner Schritt, dem größere Schritte folgen müssen. Auch hierfür braucht es ausreichend Finanzmittel.

Ebenfalls 2019 wurden wir Ökomodellregion. Die Entwicklungsziele der Ökomodellregion umfassen dabei u.a. folgende Aspekte: Förderung der regionalen, ökologischen Erzeugung – Sensibilisierung der Bevölkerung und Produzenten durch Information und Bewusstseinsbildung. Damit auch dieses Projekt konkret wird, haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt, damit der Landkreis hier in seinem Zuständigkeitsbereich Vorbildfunktion wahrnimmt und z.B. vermehrt regional-, bio und fair gehandelte Produkte verwendet und bei Ausschreibungen ökologische und soziale Kriterien soweit rechtlich möglich berücksichtigt. Nach der Beratung im Ausschuss ist klar, dass hier noch viel Überzeugungsarbeit nötig ist.

Erich Fried sagte: Wer will, dass die Welt so bleibt wie sie ist, der will nicht dass sie bleibt. Wir wollen die nötigen Entscheidungen, Veränderungen und Maßnahmen. Das geht nur gemeinsam. Deshalb stimmen wir diesem Haushalt zu, der viele richtige und wichtige Projekte und Vorhaben beinhaltet, die aber weiterentwickelt und tatsächlich umgesetzt werden müssen. Daran wird sich unsere Fraktion weiter konstruktiv beteiligen.

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